Dienstag, 17. April 2012

Dampfbad

Sarina, die andere deutsche Freiwillige, die mit mir gemeinsam hier wohnt, und ich flüchten aus dem überhitzten Haus in den Innenhof. Das Wochenende ist vorbei und damit auch die Zeit am schönen, luftigen Strand, an dem ich den größten Teil des Sonntags verbracht hatte, nachdem Sarina und ich Sonntag morgen beschlossen hatten, brunchen zu gehen. Zu Hause hatte es, wohl als Entschädigung für das ausgefallene Frühstück anderntags, gebratene Toastscheiben gegeben, und wir mussten einfach kosten (lecker!), ließen den Großteil aber für die Kinder übrig und gingen selbst ein Omelette essen.

Jetzt sitzen wir auf der Terrasse und wünschten uns, wir könnten hier draußen schlafen. Ich bin etwas erkältet, trotz ständiger Einnahme von Antibiotika, huste irgendwelches Zeug herum, dessen Farbe und Konsistenz ich nicht näher beschreiben möchte, und habe als Ursache schwer das nächtliche Schwitzen im Verdacht.

Ich erinnere mich nicht mehr dran, wer es zuerst sagt, aber jedenfalls ist man zu zweit ja meist um einiges forscher als alleine und deswegen fällt uns recht schnell kein Gegenargument mehr ein, warum wir eigentlich nicht tatsächlich draußen schlafen sollten.
Zwei Minuten später liegt die Matratze im Hof. Ich versuche mir vorzustellen, wie meine Mutter reagiert hätte, wenn unsere Austauschschülerin auf die Idee gekommen wäre, ihr halbes Bett in unseren Garten zu verfrachten... aber die Dinge sind hier eben anders. Matratzen liegen reihenweise draußen im Dreck alias Laden, bevor sie gekauft werden, ebenso wie Betten und überhaupt alles, was man hier so erwerben kann und was, quasi als Neuware, schon dreckig und verstaubt zu Hause ankommt, ohne dass es irgendwen irgendwie stört. Wir befinden nach kurzer Begutachtung den Hof draußen für sauberer als das Bettgestell und halten die Maßnahme kurzerhand für gerechtfertigt - endlich eine Nacht ohne Schwitzen!

Mzungu Camp :)

Schnell dem Wachmann bescheid sagen, er solle sich nicht wundern, eine Tonne Moskitospray drauf und nichts wie rein in die Koje unter dem tollen afrikanischen Sternenhimmel. Eine komische Katze läuft noch umher und jagt eine Kröte, dann ist Ruhe, und ich schlafe wahnsinnig gut. Das mach ich ab jetzt öfter.

Am nächsten Morgen gegen sieben weckt uns erst die lachende Gastmama, dann leichtes Getröpfel, und wir verziehen uns wieder nach drinnen. Später am Vormittag mache ich mich auf in Richtung Kinderheim, ein gutes Stück entfernt von Ukunda im hügeligen Hinterland, wo ich ja eigentlich diese und die nächste Woche verbringen sollte. Doch dort angekommen gibt es Missverständnisse: Die Kinder sollten eigentlich in ein Taekwondo-Camp, dies jedoch fällt nun aus und infolgedessen wurde beschlossen, sie früher nach Hause zu ihren Verwandten zu schicken, sodass ab Dienstag das Heim weitgehend leer gefegt sein würde. Nach einigem Hin und Her beschließe ich, unter diesen Umständen erst wieder zu kommen, wenn auch die Kinder wieder da sind, und verlasse leicht irritiert und mit Sack und Pack das Heim wieder. Wo ich aber schonmal gerade in Kwale bin, besuche ich dort die Schule für Homöopathie, deren Schwesternschülerinnen beim Medical Camp dabei gewesen waren - eine wirklich schöne Einrichtung! Und Homöopathie hilft offenbar auch gegen meine Erkältung, jedenfalls probiere ich es aus.
Danach fahre ich wieder nach Hause. Favour ist irritiert, dass ich schon so schnell wieder da bin, und ich auch. Zum Glück habe ich eine Menge Ideen, wie ich mich den Rest der Woche vor Ort nützlich machen kann.

Aus einer zweiten Nacht im Freien wird allerdings nur bedingt etwas. Gegen vier Uhr morgens setzen die heftigsten Regenfälle ein, die ich seit Ankunft hier erlebt habe - die Geräuschkulisse auf dem Blechdach klingt nach Weltuntergang und ich bin positiv überrascht, dass morgens das Haus nicht unter Wasser steht. Als wir aufstehen (spät), ist das meiste Wasser schon in der heißen Sonne verdampft, und die Luft ist schwer und stickig von der Feuchtigkeit, so wie in einem Dampfbad.
Ich beschließe, den Tag meiner völligen Genesung zugute kommen zu lassen, und fahre mit einem Abstecher an einer herrlichen Saftbar (Riesengläser voll kühlem, frisch gepressten Obstsmoothie für 50 Cent!) in einen Day Spa eines Hotels am Strand. Nach dem ganzen Chaos im Kinderheim, zu Hause (beide Gasteltern wollen und wollen doch nicht in Urlaub fahren, die Kinder mitnehmen oder auch nicht, und können sich nicht einigen oder eine klare Aussage machen) und in meiner Lunge finde ich das gerechtfertigt, auch wenn heute eigentlich ein Arbeitstag wäre. Nun denn, ab morgen kann ich ja wieder durchstarten.
Den Tag jedenfalls genieße ich sehr. Der Eintritt ist günstig in ein Paradies bestehend aus üppig grüner Vegetation, kleinen Bachläufen und Pools dazwischen mit balinesischen Betten inklusive Dach und Polstern, klimatisierten Räumen, einem Fitnessraum, Pool, Sauna, und einem tatsächlichen Dampfbad, welches den unglücklichen Bronchien einfach irrsinnig gut tut. Es läuft entspannende, ruhige Musik mit einem definitiv asiatischen Klang, und nachdem ich mich frage, warum sie nichts Heimisches spielen, dämmert mir, dass es in Afrika keine (oder zumindest wenig) entspannende Musik gibt. Hier pulsiert das Leben ständig, und genau deshalb ist diese Auszeit heute so besonders. Ich halte mich für völlig irre, bei über dreißig Grad Außentemperatur eine Sauna zu betreten, und tue es aus Neugier trotzdem. Darin knarzt es, und es riecht nach Winter in Deutschland. Ich denke an das Europabad in Karlsruhe, oder die Parksauna Bergheim, oder diese anderen Bäder, in denen man an kalten Tagen daheim schöne Stunden verbringen kann und bleibe dann doch einfach drin, weil ich mich so wohl fühle. Der Vorteil ist, dass die Außentemperatur im Vergleich danach angenehm kühl ist, und der Pool erst recht.
Und wem muss ich dann natürlich noch über den Weg laufen? Der Leiterin meines ersten Projekts. Aber selbst das ist ok, wir unterhalten uns eine Weile und gehen dann getrennte Wege.
Am Ende des Nachmittags fühle ich mich sauber, gesund, entspannt, ausgeglichen und voll neuer Energie für den Rest der Woche. Und da ich mir heute Abend einen Laptop von der Nachbarin leihen konnte, habe ich auch noch eine Menge für den Blog schreiben und so doch noch ein bisschen etwas für das Projekt tun können. Also alles in Butter, oder?


Hier muss die vollständige Bebilderung leider noch auf eine Internetverbindung warten, die den Upload entsprechender Datenmengen erlaubt. Ich bitte um Geduld und Entschuldigung

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